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Eine italienische Reise

Eine italienische Reise

Die Geschichte eines Instruments als Schlüssel einer Epoche – der Historiker und Bestsellerautor Philipp Blom auf den Spuren europäischer Handwerkskünstler
Um 1700 machte sich ein Geigenbauer aus dem Allgäu auf den Weg nach Italien. Seinen Namen kennen wir nicht, aber eines seiner Instrumente: gebaut in süddeutscher Tradition, aber vermutlich in Venedig fertiggestellt. Es legt Zeugnis ab von einem Netzwerk, in dem bereits vor mehr als drei Jahrhunderten Menschen, Waren und Wissen durch Europa zirkulierten.
Philipp Blom hat diese Geige entdeckt und kommt von ihrem Klang nicht mehr los. Nun hat er ihre Geschichte erforscht. Sie handelt von Migration, von der Lebenswelt der Handwerker, aber auch von Venedig, der damaligen Hauptstadt der Musik. Die Suche nach dem namenlosen Geigenbauer liefert den Schlüssel zu einer ganzen Epoche – die unserer Gegenwart gar nicht so fremd ist.

Erscheinungsdatum: 05.11.2018
320 Seiten
Hanser Verlag
Fester Einband
ISBN 978-3-446-26071-9
Deutschland: 26,00 €
Österreich: 26,80 €

Eine Kulturgeschichte des Geigenbaus

Der besondere Reiz dieses Buch liegt in seiner Form. Philipp Blom kann sehr bildhaft erzählen und tut zugleich etwas, was vor allem im englischsprachigen Raum schon lange üblich ist, was man aber auch immer häufiger in Sachbüchern deutscher Historiker antrifft. Er berichtet nämlich nicht nüchtern von historischen Ereignissen, sondern bettet sein Thema in eine persönliche Geschichte ein. So erfahren wir nicht nur Wissenswertes über Instrumente und deren Erbauer, sondern begleiten Philipp Blom unter anderem in die Wiener Werkstatt, in der er die Geige, um die es geht, gekauft hat.

Er erzählt, wie er als kleiner Junge stundenlang übt und dann aber feststellen muss, dass sein Talent nicht reicht, was Philipp Blom ganz offensichtlich bis heute schmerzt, schließlich waren seine Eltern Musiker. Außerdem erfahren wir, wie ihm einmal eine andere, sehr teure Geige gestohlen wird und wir lesen über schicksalshafte Momenten im Leben von Philipp Blom, in denen die Musik von Johann Sebastian Bach eine wichtige Rolle spielt. Durch das Buch zieht sich so neben der kulturhistorischen immer auch eine gegenwärtige persönliche Ebene. Die ist an manchen Stellen sehr berührend, weil sie wie ein klassisches Drama von Leid und Leidenschaft erzählt.

Bogen in die Gegenwart

Der Bezug zur Gegenwart liegt schließlich bereits im Titel verborgen: „Eine italienische Reise. Auf den Spuren des Auswanderers, der vor 300 Jahren meine Geige baute“. Es ist eben ein Auswanderer, jener fiktive Hanns, den sich Philipp Blom hier imaginiert, der von Füssen nach Italien zieht, weil er sich dort ein besseres Auskommen, bessere Perspektiven erhofft. Von der idyllischen Kleinstadt geht er in eine damals brodelnde Metropole und erweitert so seinen Horizont erheblich. Immer wieder weist Philipp Blom darauf hin, dass seine Geige das Produkt einer deutsch-italienischen Zusammenarbeit ist. Gerade deshalb hat sie wohl diesen warmen Klang, den er so liebt.

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MDR Kultur, Bettina Baltischen, 14.11.2018

Verliebt in eine Geige

Durch das Geschick des Erzählers entsteht ein eitler Traum von intellektueller Kaminlektüre.
Der Titel ist so etwas wie ein bildungsbürgerlicher Verführungscode: «Eine italienische Reise» heisst das neue Buch von Philipp Blom. Wie einst Goethe möchte uns der Zeitgenosse mitnehmen und legt eine autobiografische Romanze mit einem Instrument vor, eine Spurensuche zur Herkunft seiner Geige.
Philipp Blom hat als Historiker und Autor in der jüngsten Zeit eine Publikationsfrequenz an den Tag gelegt, die skeptisch stimmen mag. Wirft da einer einfach rasch zu Papier, was ihm soeben durch den Kopf gegangen ist, vertrauend auf seinen populären Namen und das Recycling seiner Ideen?

Das Gegenteil ist der Fall. Das neue Buch, teils Sachbuch, teils Literatur, teils Autobiografie, dokumentiert Reisen, Korrespondenzen, Freundschaften, Vorgeschichten, die sich über Jahre erstrecken. Und es verwebt die Kenntnis des Historikers mit der Melodramatik des persönlichen Liebhabers; durch das Geschick des Erzählers entsteht ein eitler Traum von intellektueller Kaminlektüre.

Philipp Blom ist nicht nur Geisteswissenschaftler, sondern auch Geiger. Er ist zwar kein Profi, und es ist nicht zuletzt die Geschichte dieses speziellen Scheiterns, die er erzählt. Aber immerhin ist er ein gut ausgebildeter, fleissiger Laie, dem das Instrument weit mehr als ein Hobby ist.

In der Werkstatt eines bekannten Wiener Geigenbaumeisters und -händlers entdeckt er eine Geige und verliebt sich. Der Meister selbst kann die Herkunft des Instruments nicht zuordnen. Wahrscheinlich, lautet die von vielen Experten wiederholte Einschätzung, ein Handwerker aus dem Allgäu, der in Norditalien baute. Die Reise beginnt.

Sie führt weit zurück in die Epoche des Barock, in das damalige Alltagsleben, in die Geschichte des Instrumentenbaus, in die Technologie der Holzaltermessung, durch die Strassen von Venedig, in die Mythologie des Totentanzes, in die Kompositionskunst Bachs für Solovioline. Sie führt in Werkstätten von Geigenbauern in Mailand, London und Venedig, damals und heute. Sie offenbart die Machenschaften im Handel mit edlen Geigen.

Viele Exkurse in die Autobiografie

Lücken, die sich in dieser Recherche naturgemäss auftun, füllt Blom mit der eigenen Imagination. Er erschafft den jungen Geigenbauer Hanns, der die Alpen quert, um in Venedig, in Mailand, in Cremona vielleicht, eine Stelle in einer Werkstatt anzutreten.
Bloms neues Buch ist auch eine sehr persönliche Reise, mit vielen Exkursen in die Autobiografie des Autors.

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bz Basel, Maria Scholl, 07.11.2018